Über den Power Switcher

Das Team für Energieökonomie bei Axpo hat den PowerSwitcher entwickelt, um die zukünftige Stromversorgung der Schweiz für ein breites Publikum verständlich und zugänglich zu machen. Als Basis dafür nutzen wir unsere detaillierten und fortschrittlichen Modelle, welche die Entwicklung des europäischen Stromsystems bis ins Jahr 2070 prognostizieren. Diese hochkomplexen Simulationen berücksichtigen jede einzelne Stromerzeugungsanlage in Europa und liefern nach stundenlangen Berechnungen detaillierte Einblicke in mögliche Zukunftsszenarien.

Dabei stehen zentrale Fragen im Fokus: Wie wird die Schweiz ihren Strombedarf in den kommenden Jahren decken? Besteht die Gefahr von Blackouts? Welche Technologien brauchen Förderung? Und wie können wir grüne, bezahlbare Energie bereitstellen, ohne die Landschaft zu beeinträchtigen oder sind kontroverse Entscheidungen, etwa zur Kernenergie, nötig?

Axpos umfassendes europäisches Stromsystemmodell als Datenbasis

Der Power Switcher vereinfacht das komplexe Optimierungsmodell von Axpo zu einem benutzerfreundlichen Werkzeug, das sofortige Ergebnisse liefert. Das Tool baut auf wesentlichen Ergebnissen von Axpos grossem fundamentalen Strommarktmodell auf, wie der saisonalen Wasserkraftproduktion und dem Stromimport aus Nachbarländern wie Italien.

Methodik und Anpassung an das Schweizer Energiesystem
Der Power Switcher basiert auf einer vereinfachten Methodik des „Energy Stacking“, die auf monatlichen Energiebilanzen statt stündlichen Kapazitätsbilanzen beruht. Diese Herangehensweise ist speziell auf das Schweizer Energiesystem zugeschnitten, in dem Wasserkraft und Pumpspeicher eine zentrale Rolle bei der Bewältigung kurzfristiger Schwankungen spielen. Statt potenzieller Kapazitätsengpässe in einzelnen Stunden, wie sie in vielen europäischen Ländern kritisch sind, liegt die Herausforderung in der Schweiz in der langfristigen Energieverfügbarkeit. Bei einer längeren Flaute in der Stromproduktion können große Speicherreservoirs leer laufen, was im schlimmsten Fall zu einer Unterbrechung der Stromversorgung führen könnte.

Wesentliche Annahmen: Erzeugungs- und Nachfrageprofile

  • Stromerzeugung: Das Modell berechnet die maximal mögliche monatliche Stromproduktion jeder Technologie basierend auf installierter Leistung und Auslastungsfaktoren. Diese monatlichen Profile basieren auf historischen Daten, die die durchschnittliche Verfügbarkeit der Energieträger widerspiegeln.
  • Stromnachfrage: Die monatliche Nachfrage wird gemäß typischer jährlicher Verbrauchsmuster verteilt. Szenarien definieren den jährlichen Gesamtnachfragewert, während historische Daten und fundamentale Simulationsergebnisse (bspw. bei Wasserstoff) die Basis für die Verteilung auf die Monate bilden.

Für jede Technologie wird somit ermittelt, wie viel Strom sie jährlich und monatlich erzeugen kann. Dies wird monatlich dem Verbrauch gegenüber gestellt. Diese Aufstellung zeigt, ob das System durch eigene Erzeugung, Importe oder eine zusätzliche Speicherreserve in der Lage ist, die Nachfrage zu decken.

Ergebnisse: Energiemix, Versorgungssicherheit, Resilienz und Kosten
Ziel des Power Switchers ist es, eine Analyse zu ermöglichen, ob die Schweiz unter verschiedenen Szenarien ihre Stromversorgung sichern kann. Dabei zeigt das Modell die damit verbundenen Zielkonflikte auf, z. B. die Herausforderung, Importe zu reduzieren, ohne auf Kernenergie oder landschaftsbelastende Erzeugungsformen zurückzugreifen. Um Versorgungssicherheit zu erreichen, sind Kompromisse unvermeidlich. Mit dem Power Switcher können Nutzer prüfen, ob die Schweiz ausreichend Strom bereitstellen kann oder mit Engpässen rechnen muss – abhängig von Faktoren wie den energiepolitischen Zielen (z. B. Mantelerlass), einem langsameren PV-Ausbau oder ungünstigen Wetterbedingungen.

Stressfaktoren, um die Resilienz des Systems zu testen

Die Energiebilanzen zeigen die Versorgungssicherheit der Schweiz, die empfindlich auf längere Perioden niedriger erneuerbarer Energieproduktion reagiert. Solche Phasen könnten Reservoirs entleeren und zu Energiemangel führen. Diese Effekte können im Expertenmodus mithilfe der roten Stress-Slider getestet werden.

Stresstests: Fünf einstellbare Parameter
Nutzer:innen können die Robustheit von Szenarien unter schwierigen Bedingungen untersuchen, indem sie folgende Stressfaktoren anpassen:

1. Wetterabhängigkeit erneuerbarer Energien (Wind, PV, Wasserkraft)
Die Produktionsniveaus erneuerbarer Energien werden basierend auf historischen Wetterdaten variiert:

  • Sehr niedrig: Schlechteste Bedingungen zwischen 1982 und 2016. Für jeden Monat wird das schlechteste Wetterjahr gewählt, wobei Monatskorrelationen erhalten bleiben (z. B. zwischen Ländern und Technologien wie Wind und PV).
    Beispiel: Januar 2008 war der schlechteste Januar; alle wetterabhängigen Erzeugungen in der Schweiz und Nachbarländern basieren auf diesen Daten. Februar 2010 entspricht dem schlechtesten Februar usw.
  • Niedrig: Fünftschlechtestes Wetterjahr.
  • Normal: Durchschnittliches Wetterjahr.
  • Hoch und Sehr hoch: Fünftbestes bzw. bestes Wetterjahr.

2. Temperaturvariationen
Temperaturabhängige Stromnachfrage wird angepasst:

  • Kalt und Sehr kalt: Durchschnittstemperaturen 2,5°C bzw. 5°C unter dem Normalwert erhöhen die Nachfrage (z. B. für Wärmepumpen).
  • Warm und Sehr warm: Durchschnittstemperaturen 2,5°C bzw. 5°C über dem Normalwert senken die Nachfrage.

3. Gasverfügbarkeit in Europa
Reduzierte Verfügbarkeit von Erdgas für die Schweiz und Nachbarländer, einstellbar auf 80 %, 60 %, 40 % oder 20 % des historischen Durchschnitts.

4. Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke
Simuliert potenzielle Reduktionen der Kernkraftkapazitäten in Frankreich:

  • Verfügbarkeit kann auf 80 %, 60 %, 40 % oder 20 % der historischen Werte gesenkt werden.
    Zum Vergleich: Im Sommer 2022 sank die Verfügbarkeit zeitweise auf etwa 50 %.

5. EU-Importbeschränkungen
Begrenzt die Stromimporte der Schweiz aufgrund potenzieller EU-Vorgaben, z. B. der 70%-Regel, die Teile der Netzkapazität für innereuropäische Handelsströme reserviert. Der Slider gibt an, wie viele Prozent der Stunden diese Einschränkungen gelten (20 % bis 80 % der Stunden).

Mit diesen Anpassungen können Nutzer:innen verschiedene Szenarien testen, um Schwachstellen in der Energieversorgung zu identifizieren und Handlungsoptionen abzuwägen.

Marktpreisberechnungen sind nicht möglich

Der Power Switcher hat einige wichtige Einschränkungen: Er führt kein Market Coupling durch und simuliert keine Strompreisbildung. Er optimiert keine Kosten, wie die Entscheidung zwischen Importen und inländischer Gaskraftwerksnutzung. Der Fokus liegt ausschließlich auf der Versorgungssicherheit.